Was als erotisch empfunden wird, ist ebenso individuell wie wandelbar. Manche Menschen lassen sich von äußeren Merkmalen wie einem sinnlichen Mund oder den Körperformen eines Gegenübers in den Bann ziehen. Andere spüren Erregung durch Stimme, Geruch oder die Art, wie jemand sie ansieht. Und dann gibt es jene, für die das Begehren aus der Tiefe einer emotionalen Verbindung aufsteigt. Unsere Anziehungscodes – die Muster, die bestimmen, was uns erregt – sind jedoch nicht in Stein gemeißelt. Sie formen sich durch Erfahrungen, Prägungen und können sich im Laufe unseres Lebens verändern
Das breite Spektrum des Begehrens
Jede*r trägt ein individuelles Repertoire an Anziehungscodes in sich. Es kann auf ein Geschlecht ausgerichtet sein – oder auf mehrere. Es kann sich um bestimmte Körpermerkmale drehen oder um Bewegungen, Gerüche, Texturen. Manchmal sind es Szenarien oder Fantasien, die das Feuer entfachen. Die einen erregt eine bestimmte Stimme, andere ein begehrender Blick. Und während für viele Frauen emotionale Intimität eine große Rolle spielt, erleben manche Männer Lust vor allem über visuelle Reize. Doch auch hier sind die Grenzen fließend: Wer sowohl emotionale Tiefe als auch körperliche Aspekte als erregend erlebt, hat eine größere Bandbreite an Möglichkeiten, Lust zu empfinden – auch in langfristigen Beziehungen.
Wenn das Begehren sich verengt
Es gibt Momente, in denen sich die sexuelle Anziehung auf eine enge Spur begibt – sei es durch wiederkehrende Fantasien oder einen Fokus auf ganz bestimmte Attribute oder Rituale. Wer sich beispielsweise über Jahre hinweg darauf konditioniert, Erregung nur noch in Verbindung mit einem bestimmten Fetisch, einer Kleidungsart oder einem bestimmten Pornogenre zu spüren, kann irgendwann feststellen, dass sich das Begehren in eine Sackgasse manövriert hat. In Beziehungen kann dies zu Frustration führen, wenn eine*r von beiden merkt: Nicht ich bin das Objekt der Lust, sondern das, was ich trage oder inszeniere.
Anziehung ist veränderbar
Die gute Nachricht: Unsere Anziehungscodes sind wandelbar. Sie können sich im Laufe unseres Lebens erweitern, differenzieren oder auch bewusst verändert werden. Wer neugierig bleibt, sich mit seinem eigenen Begehren auseinandersetzt und Lust als ein sich entwickelndes Spielfeld betrachtet, kann die eigene erotische Landkarte immer wieder neu entdecken. Die Frage ist nicht nur: Was hat mich bisher erregt?, sondern auch: Was könnte mich noch erregen?
Gerade in langjährigen Beziehungen lohnt es sich, die eigene erotische Landkarte gemeinsam weiterzuentwickeln. Mit kleinen Experimenten, neuen Erfahrungen oder dem bewussten Integrieren von Fantasien in das gemeinsame Erleben kann Lust immer wieder neue Wege finden.
Wer sich selbst als begehrenswert erlebt, aktiviert zudem eher erotische Fantasien – und genau diese innere Welt kann das Spiel zu zweit immer wieder befeuern. Erotik lebt von Dynamik, und wer offen für Veränderung bleibt, kann das eigene Begehren ein Leben lang lebendig halten.